Juckreiz

Die biochemischen Abläufe, die das Krankheitsgeschehen bei Neurodermitis bestimmen und zu Juckreiz führen, kann man mittlerweile immer genauer erklären. Es ist ein komplexes Zusammenspiel von Nervenfasern, hornbildenden Zellen der Haut (Keratinozyten), speziellen Abwehrzellen des Immunsystems und Entzündungszellen (inflammatorische Zellen). Gesteuert wird das Ganze durch bestimmte Botenstoffe (Zytokine). Um dies besser verständlich zu machen, werden im Folgenden kurz einige Grundlagen zur körpereigenen Abwehr und zur Bedeutung von Zytokinen bei entzündlichen Hauterkrankungen erläutert. Denn auch wenn die Symptome der Neurodermitis überwiegend die Haut betreffen, spielt sich das Krankheitsgeschehen zum großen Teil woanders ab. Es ist das Immunsystem, das fehlerhaft reagiert.

Abwehrreaktion des Immunsystems

Das Immunsystem hat die Aufgabe, Krankheitserreger und Schadstoffe aus der Umwelt, mit denen der Körper in Kontakt kommt, abzuwehren. Bei solch einer Abwehrreaktion werden verschiedene spezialisierte Immunzellen aktiviert. Eine entscheidende Rolle haben dabei bestimmte weiße Blutzellen, die T-Zellen sowie die T-Helferzellen. T-Helferzellen (kurz: Th-Zellen) schütten Zytokine aus. Das sind Botenstoffe, die durch das Übertragen von Signalen die Aktivität der Immunzellen steuern. Abhängig davon, welche Zytokine freigesetzt werden, teilt man die Th-Zellen in Untergruppen ein. Die wichtigsten Untergruppen sind Th1 und Th2.

Erhöhte Entzündungsbereitschaft bei Neurodermitis

Bei Patienten mit Neurodermitis fällt die Abwehrreaktion des Immunsystems deutlich heftiger aus als bei Menschen mit gesunder Haut. Außerdem sind die Auslöser der Reaktion oftmals an sich harmlose Stoffe aus der Umwelt. Man kennt mittlerweile einige Faktoren, die dafür verantwortlich sind. So ist aufgrund einer genetischen Veranlagung die Hautbarriere durchlässiger. Dadurch ist die Haut trocken und reagiert sehr empfindlich auf äußere Einflüsse.

Besonderheiten der Haut mit:
  • Atopie
    Neurodermitispatienten haben eine genetische Veranlagung für Überempfindlichkeitsreaktionen des Immunsystems. Diese Veranlagung wird als Atopie bezeichnet. Der medizinische Name für Neurodermitis lautet daher atopische Dermatitis.
  • Veranlagung für trockene und empfindliche Haut
    Bei Neurodermitispatienten ist der Aufbau der äußersten Hautschicht (Hornschicht) verändert. Der Hornschicht fehlen u. a. Fette und Feuchthaltefaktoren. Dadurch ist der Verbund der Hautzellen durchlässiger. Man spricht auch von einer gestörten Hautbarriere. Die Haut ist folglich schlechter vor schädlichen äußeren Einflüssen geschützt und trocknet schneller aus.

Ebenfalls genetisch bedingt sind Veränderungen bei der Entzündungsreaktion. Durch eine gestörte T-Zell-Regulation entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Th1- und Th2-Zellen. Dadurch werden Immunreaktionen überwiegend über Th2-Zellen gesteuert. Das hat zur Folge, dass bestimmte Zytokine vermehrt freigesetzt werden – und genau diese Zytokine tragen maßgeblich zum Entzündungsgeschehen bei Neurodermitis bei.

Medikamente

Die akuten Beschwerden einer Allergie lassen sich kurzfristig mit Hilfe von Medikamenten (Antihistaminika, Kortisonpräparate) lindern. Bei einer nachgewiesenen Katzenhaarallergie wird Sie Ihr Arzt diesbezüglich beraten. Auch vorbeugend kann eine Medikamenteneinnahme sinnvoll sein, wenn das Risiko besteht, z. B. in fremden Haushalten mit Katzenhaarallergenen in Kontakt zu kommen.

Aufgabe und Wirkung der Zytokine

Zytokine dienen allgemein der Signalübertragung zwischen Zellen und werden deshalb auch als Botenstoffe bezeichnet. Der Empfang des Signals funktioniert über spezielle Rezeptoren, die sich auf der Oberfläche von Zellen befinden. D. h., eine Zelle setzt Zytokine frei, die anderen Zellen nehmen über ihre Rezeptoren die Zytokine wahr und werden dadurch aktiviert. Abhängig davon, welche Wirkung die Zytokine auf die Zielzelle auslösen, unterscheidet man verschiedene Gruppen. Zytokine, die bei einer Abwehrreaktion Signalgeber für die Immunzellen sind, gehören zur Gruppe der Interleukine (IL). Man konnte inzwischen einige dieser Zytokine identifizieren, die für chronische Entzündungen der Haut und den anhaltenden Juckreiz eine wesentliche Rolle spielen. Mediatoren, die die Nervenfasern stimulieren und Juckreiz auslösen, werden als Pruritogene bezeichnet.

Auch wenn man inzwischen den Krankheitsmechanismus immer besser erklären kann und Risikofaktoren für Krankheitsschübe kennt, sind die Ursachen für die Entstehung von Neurodermitis noch nicht vollständig entschlüsselt.

Die untenstehende Grafik stellt in stark vereinfachter Form die Signalwege der Entzündung und des Juckreizes bei Neurodermitis dar.

© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.
  • Durch die gestörte Hautbarriere können Fremdstoffe leichter eindringen.
  • Immunzellen der Haut (Langerhanszellen) nehmen die Fremdstoffe auf. Anschließend präsentieren sie Teile des Fremdstoffes (Antigene) auf ihrer Oberfläche.
  • Über Rezeptoren auf der Zelloberfläche erkennen Immunzellen die präsentierten Antigene als fremd. Das ist das Signal zum Start einer Abwehrreaktion. An der Reaktion sind insbesondere verschiedene T-Zellen (bei Neurodermitis vermehrt Th2-Zellen) beteiligt. Diese schütten nun vermehrt Entzündungsstoffe (Zytokine) aus.
  • Zytokine locken weitere Immunzellen an.
  • Auf der Zelloberfläche der Immunzellen befinden sich spezielle Rezeptoren für Zytokine. Bindet ein Zytokin an einen solchen Rezeptor, so wird die Zelle aktiviert. Die aktivierten Zellen schütten ihrerseits Entzündungsstoffe aus.
  • Dadurch wird die Entzündung befeuert und in Gang gehalten. Bestimmte Mediatoren sind die sogenannten Pruritogene.
  • Sie lösen an freien Nervenendigungen in der Haut einen Reiz aus.
  • Der Reiz wird über Nervenfasern des Rückenmarks zum Gehirn weitergeleitet, wo das Juckreizempfinden entsteht.

Aktuelle Pressemeldung

Juckreiz bei Neurodermitis nachhaltig lindern

Juck-Kratz-Kreislauf durchbrechen

Bonn, 16.03.2023 Unerträgliches Jucken, blutig aufgekratzte Haut – für viele Patient*innen mit Neurodermitis gehört das zum Alltag. Die Folgen von chronischem Juckreiz auf Hautgesundheit und Lebensqualität sind ganz erheblich. Viele Betroffene empfinden einen hohen Leidensdruck und befinden sich körperlich, aber auch seelisch in einer andauernden Ausnahmesituation. Eine neue Informationskampagne der Deutschen Haut- und Allergiehilfe mit kostenloser Broschüre und begleitender Website zeigt Strategien und Therapiemöglichkeiten auf, mit denen Neurodermitiker*innen ihren Juckreiz wirkungsvoll behandeln und nachhaltig lindern können.

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