Behandlung

Nach viel Theorie und Hintergrundinformationen zur Juckreizentstehung nun zur Praxis und zur Frage: Kann man etwas tun, um den Juckreiz auszuschalten oder zumindest dauerhaft zu lindern?

Die Kenntnisse von den biochemischen Abläufen eröffnen tatsächlich neue Behandlungsansätze. Auch diese Therapien sind keine ursächlichen Therapien, die eine Heilung der Neurodermitis bewirken. Doch sie können helfen, die Entzündung und damit den Juckreiz langfristig zu stoppen. Welche Therapiemaßnahmen für Sie angemessen sind, richtet sich immer nach Ihrem aktuellen Hautzustand sowie der Stärke des Juckreizes. Grundlegende Elemente jeder Behandlung sind das Meiden von Provokationsfaktoren (Trigger), die regelmäßige, angepasste Hautpflege sowie ggf. eine vom Hautarzt verordnete medikamentöse Therapie. Wenn Ihre Haut unerträglich juckt, dann sollten Sie einen Hautarzt aufsuchen. Fragen Sie nach, welche Medikamente für Sie infrage kommen.

Meiden von Triggern

Sicherlich haben Sie schon festgestellt, dass manche Dinge Ihrer Haut nicht guttun und den Juckreiz verstärken. Stress oder starkes Schwitzen können z. B. solche Trigger sein. Trigger (engl. für Auslöser) sind Faktoren, die Krankheitsschübe auslösen oder verstärken. Bei Neurodermitis kennt man eine Reihe solcher Faktoren, die Einfluss auf das Krankheitsgeschehen haben können (s. Infokasten). Wie stark diese Effekte sind, ist von Patient zu Patient recht unterschiedlich. Ein Symptomtagebuch, in dem Sie notieren, in welchen Situationen sich die Neurodermitis bei Ihnen verschlechtert, hilft dabei herauszufinden, welche Trigger bei Ihnen eine besondere Rolle spielen. Grundsätzlich sollten Sie alle Dinge vermeiden, die Ihre Haut zusätzlich belasten.

Trigger für Neurodermitis
  • Allergene, z. B. Nahrungsmittelallergene, Inhalationsallergene wie Pollen, Hausstaub, Tierhaare
  • Mechanische Hautreizungen, z. B. durch kratzende Kleidung sowie durch Kratzen der juckenden Haut
  • Chemische Hautreizungen, z. B. durch Schadstoffe
  • Hautreizungen aufgrund stark trockener Haut, z. B. durch mangelnde oder falsche Pflege
  • Infektionen durch Bakterien, Pilze, Viren
  • Klimafaktoren
  • Belastungen durch Umweltschadstoffe, insbesondere aktives und passives Rauchen
  • Psychische Belastungen wie Stress, Aufregung

Hautmanagement

Pflegen Sie Ihre Haut und cremen Sie die Haut auch in Phasen ohne sichtbare Krankheitszeichen regelmäßig ein. Damit kann die gestörte Hautbarriere stabilisiert und die Haut bei ihrer Regeneration unterstützt werden. Sobald Ihre Haut sich trocken anfühlt, spannt oder juckt, ist das ein Zeichen dafür, dass sie mehr Fett und Feuchtigkeit braucht. Das Eincremen trägt außerdem erheblich zur Vorbeugung und Linderung des Juckreizes bei. Zeigen sich erste Anzeichen für einen Krankheitsschub, sollten Sie Ihren Hautarzt aufsuchen, da es dann möglicherweise einer speziellen Pflege und weiterer Maßnahmen bedarf. So sind z. B. Pflegeprodukte, die Harnstoff (Urea) enthalten, für trockene und juckende Haut geeignet, da Harnstoff den Feuchtigkeitsgehalt der Haut erhöht. Auf entzündete oder nässende Haut sollten Sie jedoch keine harnstoffhaltigen Cremes auftragen, da der Wirkstoff schmerzhaftes Brennen verursachen kann.

Topische Therapie

Bei leichten und moderaten Ekzemen kann Ihnen der Arzt Cremes oder Salben verordnen, die juckreizlindernde und entzündungshemmende Wirkstoffe (topische Glukokortikoide, topische Calcineurinhemmer) enthalten. Man bezeichnet dies als topische Therapie oder Lokaltherapie, da die Medikamente auf die zu behandelnde Haut aufgetragen werden und nur örtlich wirken. Topische Therapeutika gibt es in unterschiedlicher Wirkstärke. Abhängig vom aktuellen Juckreiz und Zustand Ihrer Haut, wird der Arzt ein für Sie passendes Präparat wählen.

Problematik des Juck-Kratz-Kreislaufs

Eine frühe Therapie mit Maßnahmen gegen den Juckreiz ist wichtig, um einen Juck-Kratz-Kreislauf zu vermeiden. Wenn Sie die juckende Haut kratzen oder reiben, mag das zunächst Erleichterung bringen. Sie fügen der Haut aber kleine Verletzungen zu. Dadurch werden bestehende Entzündungen angefacht und neue ausgelöst. Das wiederum führt in der Folge zu verstärktem Juckreiz, weiteren Kratzattacken, Entzündungen usw.

© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.

Um eine dauerhafte Linderung des Juckreizes zu erreichen, muss dieser Juck-Kratz-Kreislauf durchbrochen werden. Das ist leichter gesagt als getan. Leiden Sie an ausgeprägten Ekzemen mit unerträglichem Juckreiz, werden Ihnen die vielen guten Ratschläge zur Linderung des Juckreizes kaum weiterhelfen. Auch eine topische Therapie reicht in vielen Fällen nicht aus. Dann sind weitere Therapiemaßnahmen gefragt.

Innere Therapie

Bei schweren Neurodermitisschüben kommen Arzneimittel zum Einsatz, die nicht nur lokal auf das Entzündungsgeschehen der Haut wirken. Medikamente, die Sie in Form von Tabletten oder Spritzen bekommen, gelangen über das Blut in Ihr gesamtes Körpersystem. Daher auch die Bezeichnung systemische bzw. innere Therapie. Im Falle von Neurodermitis soll die systemische Therapie das Immunsystem regulieren, so dass der Entzündungsprozess gestoppt wird. Das Problem dabei: Medikamente, die das gesamte Immunsystem beeinflussen und Abwehrreaktionen unterdrücken, haben ein hohes Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen. Aus diesem Grund werden z. B. Glukokortikoidtabletten nur für eine beschränkte Therapiedauer empfohlen.

Gefragt sind Medikamente, die gezielt in den Entzündungsmechanismus der Neurodermitis eingreifen. Hier hat die Pharmazie in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Man hat sich dabei ganz genau angeschaut, über welche Signalwege die Entzündung ausgelöst wird und wie die Signalweiterleitung zwischen den Immunzellen und innerhalb dieser Zellen funktioniert. Welche Bedeutung dabei bestimmte Zytokine haben, finden Sie unter "Juckreiz bei Neurodermitis". Derzeit gibt es zwei Therapieansätze, die auf unterschiedliche Weise die Signalübertragung blockieren: Biologika und Januskinasehemmer.

Biologika

Als Biologikum bezeichnet man allgemein ein Arzneimittel, dessen Wirkstoff aus biologischen Substanzen besteht und das biotechnologisch (d. h. mit Hilfe von tierischen oder pflanzlichen Organismen) hergestellt wird. Zur Behandlung von Neurodermitis kommen sogenannte monoklonale Antikörper (biotechnologisch hergestellte Eiweiße) zum Einsatz. Solche Antikörper können gezielt die Signalweiterleitung genau der Zytokine unterbinden, die bei Neurodermitis eine Rolle spielen (z. B. Interleukine [IL] vom Typ IL-4, IL-13, IL-3). Der zu einem bestimmten Interleukin passende Antikörper belegt den für dieses Interleukin zuständigen Rezeptor auf der Immunzelle. Damit wird die Aktivierung der Zelle und folglich die Freisetzung weiterer Entzündungsstoffe verhindert (s. folgende Grafik und Grafik unter Juckreiz).

© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.

Kennzeichnend für diesen Therapieansatz ist, dass die Wirkstoffe jeweils nur die Signalwege einzelner Interleukine blockieren.

Biologika können aufgrund ihrer Struktur nicht über den Magen-Darm-Trakt ins Blut gelangen. Daher müssen sie unter die Haut gespritzt werden. Wenn Ihnen Ihr Arzt ein Biologikum verordnet, so erhalten Sie üblicherweise über einen begrenzten Zeitraum alle 2 Wochen eine Spritze. Da es die Medikamente in festgelegten Dosierungen als Fertigspritze oder Fertigpen gibt, können Sie sich Ihr Medikament nach einer ärztlichen Einweisung meistens auch selbst spritzen.

Januskinasehemmer

Januskinasehemmer (JAK-Hemmer) greifen ebenfalls in den Signalweg der Entzündung ein, aber an anderer Stelle als Biologika. Zudem richten sie sich nicht gegen einzelne Typen von Zytokinen, sondern unterdrücken, wie der Name schon sagt, die Aktivität von Januskinasen (JAK).

Januskinasen sind spezielle Enzyme, die im Inneren von Zellen vorkommen. Enzyme sind die Katalysatoren unseres Körpers, die zahlreiche biochemische Reaktionen steuern und beschleunigen. Januskinasen tun dies innerhalb von Zellen. Um aktiviert zu werden, brauchen sie ein Signal. Dieses Signal bekommen sie, wenn Zytokine an den Rezeptoren auf der Zelloberfläche binden. Aktivierte Januskinasen lösen nun ihrerseits eine Signalkaskade innerhalb der Zelle aus. Diese führt letztendlich zur Verstärkung der Entzündungsreaktion und Freisetzung weiterer Zytokine. Im gesamten Entzündungsprozess sind Januskinasen so etwas wie Schaltstellen für die Signalweiterleitung vom Äußeren ins Innere der Zelle.

Diese Kenntnis führte zu dem Therapieansatz mit JAK-Hemmern. Die Wirkstoffe hemmen in der Zelle die Aktivität der Januskinasen und verhindern so, dass die Signalkaskade ausgelöst wird. Dadurch wird der gesamte Entzündungsprozess, inklusive Juckreiz, heruntergefahren. Da Januskinasen außerdem Einfluss auf neurosensorische Signalwege und die Aktivität von Nervenfasern haben, sorgen JAK-Hemmer auch darüber für eine Linderung des Juckreizes.

© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.© Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.

JAK-Hemmer gehören zu einer Klasse von Wirkstoffen, die aufgrund ihrer geringen Größe als Small Molecules (übersetzt: kleine Moleküle) bezeichnet werden. Das hat den Vorteil, dass sie in Form von Tabletten eingenommen werden können. Üblich ist eine einmal tägliche Einnahme. Sie sollten sich bei der Dosierung ganz genau an die Empfehlungen Ihres Arztes halten.

Mögliche Nebenwirkungen der Medikamente

Die zur Therapie der Neurodermitis zugelassenen Biologika und JAK-Hemmer sind in der Regel gut verträglich. Unerwünschte Nebenwirkungen können jedoch niemals ausgeschlossen werden. Auf der Packungsbeilage Ihres Medikaments sind die häufigsten Nebenwirkungen aufgeführt. Außerdem finden Sie dort weitere wichtige Hinweise zur Einnahme und Therapie. Wenn Sie im Verlauf der Therapie Anzeichen für eine Nebenwirkung bemerken oder sonstige gesundheitliche Probleme auftreten, dann informieren Sie unbedingt Ihren Arzt. Er ist auch Ihr Ansprechpartner, wenn Sie Fragen zur Therapie haben.

Aktuelle Pressemeldung

Juckreiz bei Neurodermitis nachhaltig lindern

Juck-Kratz-Kreislauf durchbrechen

Bonn, 16.03.2023 Unerträgliches Jucken, blutig aufgekratzte Haut – für viele Patient*innen mit Neurodermitis gehört das zum Alltag. Die Folgen von chronischem Juckreiz auf Hautgesundheit und Lebensqualität sind ganz erheblich. Viele Betroffene empfinden einen hohen Leidensdruck und befinden sich körperlich, aber auch seelisch in einer andauernden Ausnahmesituation. Eine neue Informationskampagne der Deutschen Haut- und Allergiehilfe mit kostenloser Broschüre und begleitender Website zeigt Strategien und Therapiemöglichkeiten auf, mit denen Neurodermitiker*innen ihren Juckreiz wirkungsvoll behandeln und nachhaltig lindern können.

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